Freitag, 12.7.
… war heute leider nicht im Angebot, dafür jede Menge Regen. Schon als wir am Morgen aufbrechen, werden wir bereits mit leichtem Regen erwartet, der sich im Laufe des Tages eher noch verstärkt. Da die heutige Etappe jedoch als wenig technisch anspruchsvoll beschrieben ist, sollte dies kein Problem darstellen. Vom Schlegeisstausee steigen wir zunächst in Serpentinen hinab und können die gigantische Staumauer von unten betrachten. Direkt an der Staumauer führt sowohl ein Klettersteig als auch eine Kletterroute hinauf. Beides hat mich schon letztes Jahr gereizt, als ich auf dem Berliner Höhenweg unterwegs war. Allerdings war ich bisher nur im Regen hier und da ist mir dieses Unterfangen doch zu riskant. Zudem habe ich auf der aktuellen Route kein Klettersteigset bei mir.
Auf schmalen Pfaden wandern wir also talauswärts, leicht bergab Richtung Ginzling, während es weiter regnet. Uns soll es nicht stören, da wir bisher echt Glück mit dem Wetter hatten. Außerdem kommt somit endlich mal meine Regenhose zum Einsatz – der so ziemlich einzige Gegenstand in meinem Gepäck, den ich bisher noch nicht gebraucht habe und der mir heute gute Dienste leistet.
Der Weg nach Ginzling verläuft noch recht unkompliziert, außer dass der Weg stellenweise ziemlich rutschig ist. In Ginzling legen wir eine kurze Verschnaufpause an der Touristinfo ein und ich versuche bereits, uns eine Unterkunft in Finkenberg (unserem heutigen Tagesziel) zu organisieren. Es ist auch für die komplette Nacht Regen angesagt und da ergibt es keinen Sinn, draußen zu nächtigen. Da ich in den ausgewählten Pensionen jedoch keinen telefonisch erreiche, muss dies noch etwas aufgeschoben werden.
Wir setzen unseren Weg gen Finkenberg fort, an Höhe verlierend, an Spannung wiederum eindeutig zunehmend. Es beginnt damit, dass der Weg nach und nach schwieriger zu finden bzw. durch Erdrutsche verschüttet ist. Laut offiziellem Track verläuft der Weg auf der linken Seite des Zemmbachs und folgt dem Themenweg „Lass Dir erzählen!“. Was genau es zu erzählen geben soll, ist uns noch unklar, da sich keine Infotafeln etc. auf dem Weg befinden. Zumindest können wir unsere ganz eigenen Geschichten nach dieser Etappe erzählen.
Da sind zum Beispiel die Hinweisschilder, dass der Weg gesperrt ist. Die Alternative wäre jedoch, auf der viel befahrenen Straße zu laufen, daher entscheiden wir uns doch lieber für den Wanderweg. Spätestens, als wir einen reißenden Bach/Fluss queren müssen, ergeben die Warnschilder Sinn. Es findet sich einfach keine schmale Stelle, an der wir den Bach passieren können, ohne nasse Füße zu bekommen. Daher suche ich eine Stelle heraus, die mir am Geeignetsten und Sichersten erscheint. Mit viel Balance und voller Konzentration gelange ich auf die andere Seite und kann nun mitfiebern, wie Martin diese Stelle bewältigt. Nunja, Fotos mache ich als Beweismaterial nebenbei auch noch. Die Stelle ist geschafft, allerdings hat Martin als Opfer nun nasse Turnschuhe und Socken bringen müssen. Kurz darauf müssen wir ein paar Kühe queren, unter denen sich ein Jungtier befindet. Warnschilder bezüglich Mutterkühen haben wir schon zu Genüge gesehen und es erscheint uns sinnvoll, dies ernst zu nehmen. Die Mutterkuh steuert bereits auf uns zu und wir sind bemüht, so schnell wie möglich den nahen Elektrozaun anzusteuern und uns dahinter in Sicherheit zu bringen. Die Kuh lässt schließlich von uns ab und pinkelt erst einmal in aller Ruhe. Soll wohl heißen: mein Revier.
Wir setzen unseren Weg erleichtert fort und es kommt zunächst zu keinen weiteren Zwischenfällen. Nach dem Wirtshaus Karlsteg queren wir die Straße und folgen einem Steig auf der rechten Seite über den Lawinenschutzbau. In der Ferne sind laute Geräusche zu hören, die wir nicht ganz zuordnen können. Wir vermuten, dass es Schüsse sind, es könnte aber auch eine Sprengung, ein Feuerwerk oder sonstiges sein. Ein etwas mulmiges Gefühl haben wir schon, da wir die Geräusche nicht einzuordnen wissen und da sie auch nicht leiser werden. Als wir uns der Quelle des Lärms nähern, bestätigt sich unsere erste Vermutung: es findet ein Tontaubenschießen statt und wir müssten eigentlich genau vor den Schützen unseren Weg fortsetzen. Also entscheiden wir uns, hinter dem dazugehörigen Vereinshaus entlang zu gehen. Dort sitzen einige Schützen bei Bier und Wurst und machen gerade Pause. Kurzentschlossen holen wir uns auch eine Wurst und legen ebenso eine Pause ein. Lustigerweise steht auf der ausgehängten Speisekarte auch „Munition“ und „Grundausrüstung“. Da wir jedoch nicht wissen, was wir damit anfangen sollen, bleibt es bei der Wurst. Die meisten Schützen sind nicht sehr gesprächig und eher grummelig – ein eigenartiges Völkchen. Schließlich finden wir doch noch jemanden, der mit uns spricht. So erfahren wir, dass die nächsten zwei Tage die österreichische Meisterschaft im Tontaubenschießen stattfindet. Heute gibt es ein letztes Training. Lustig, was es alles gibt! Wir schauen noch eine Weile zu, wie die gelben Scheiben in der Luft zerspringen und ziehen schließlich von dannen.
Es regnet munter weiter und so langsam werden auch meine Schuhe und Socken nass. Jacke und Regenhose halten zum Glück dicht. Allerdings steht uns bis Finkenberg noch ein Anstieg bevor und die Regensachen sind nicht gerade atmungsaktiv, sodass ich ganz schön ins Schwitzen komme. Zumindest kann ich von unterwegs aus schon mal die Unterkunftsfrage klären und ich reserviere zwei Plätze im Balthasarhof. Beruhigt können wir somit unseren Weg nach Finkenberg fortsetzen, noch in Ruhe einkaufen gehen und schließlich die Unterkunft ansteuern. Wie es immer so ist, hört es passend zur Ankunft auf zu regnen.
Wir werden herzlich empfangen und die etwas ältere Gastgeberin ist sehr an unserer Reise interessiert. Zur Begrüßung und Aufwärmung gibt es dann auch erstmal einen selbstgebrannten Obstler, der uns sofort von innen heraus wärmt.
Den Abend lassen wir dann auf unserem Balkon ausklingen, mit einem Bier in der Hand und mit Blick auf die Berge. Der Regen setzt irgendwann wieder ein, diesmal stärker und intensiver als zuvor. Morgen soll es sich nicht ändern und nach einer kurzen Beratungszeit kommen wir zu dem Schluss, einen weiteren Pausentag einzulegen. Ein Aufstieg im Dauerregen macht keinen Spaß. Zudem sehe ich, dass auf der Rastkogelhütte, unserem nächsten Ziel, schon alle Plätze ausgebucht sind. So können wir morgen entspannt durch Finkenberg und Mayrhofen schlendern und erneut Kraft für den nächsten Tag sammeln. Und vielleicht gibt es dann auch wieder Sonnenschein pur!
