Dienstag, 2.7.
Ich wache früh auf, bin aber immer noch nicht schlauer, wohin mich mein Weg heute führen soll und es dauert recht lange, bis ich mich dafür entscheide, zum Hochalmsee und weiter zur Hochalm Fojedöra zu laufen. Der Weg dorthin ist recht unkompliziert und beinhaltet nicht allzu viele Höhenmeter. Dennoch befinde ich mich stets über 2000m und bestaune die mich umgebende, karge und rauhe Landschaft. Nach ca. 3,5 Stunden erreiche ich den See und verweile dort eine ganze Weile. Beim Blick in den Himmel sieht es nicht nach Gewitter aus, sondern eher nach jeder Menge Sonnenschein.
Ich setze meinen Weg fort und brauche noch eine halbe Stunde bis zur Alm. Die Spannung steigt, ich hoffe inständig, dass sich auf der Alm eine Übernachtungsmöglichkeit bietet. Ansonsten müsste ich noch sehr viel weiter laufen, bis ein passender Unterstand kommt.
Die Alm sieht schon von Weitem sehr gemütlich und einladend aus. Kühe grasen auf einer Weidefläche, die aus einem Teppich von gelben Wildblumen besteht. Zwischen den Kühen laufen noch Schweine und Hühner umher. Ich lasse mich auf einer Bank vor dem Gasthof nieder und genieße die Pause bei Radler und gebratener Polenta, überbacken mit Käse – sehr köstlich!
Das Personal ist noch sehr jung und vor Allem sehr freundlich. Keiner wirkt gestresst und man sieht ihnen an, dass sie mit Leidenschaft bei der Sache sind.
Nach einiger Zeit nutze ich meine Chance und frage Anita vom Personal, ob sie eine Möglichkeit weiß, wo ich diese Nacht unterkommen kann. Nach kurzem Überlegen bietet sie mir an, in einem der leeren Ställe zu übernachten, was mir völlig ausreichen würde. Sie müsse dies aber kurz noch mit dem restlichen Personal absprechen. Nach einiger Zeit bekomme ich dann die positive Nachricht: ich kann sogar in einem der Nebengebäude schlafen, in denen sich ein paar Matratzen befinden. Perfekt, denke ich, besser geht’s nicht! Ich bedanke mich freudig und kann nun entspannt den Nachmittag genießen, von Schlechtwetter immer noch nichts zu sehen.
Gegen 16 Uhr sind nach und nach alle Gäste gegangen und das Personal lässt sich zu einer Essenspause nieder. Ich sitze in einigem Abstand und will die Gruppe nicht stören. Ich bekomme mit, wie über die noch anstehenden Aufgaben gesprochen wird. Kurzerhand gehe ich nun doch zum Nachbartisch und biete meine Hilfe an. Ich habe eh nichts weiter zu tun und wenn ich behilflich sein kann, dann gerne! Meine Hilfe wird auch freudig angenommen und die Gruppe stellt sich mir vor. Neben Anita arbeiten noch Simon, Alex und Regina auf der Alm sowie Veronika, die ihre Ferien für ein Praktikum auf der Alm nutzt. Alex studiert Agrarwissenschaften und verbringt gerade seine studienfreie Zeit auf der Alm. Simon ist schon fertig mit dem Studium und hat die Alm gemeinsam mit Anita gepachtet. Regina studiert gerade Soziale Arbeit in Innsbruck und wir kommen später darüber noch ins Gespräch.
Nach der Pause wird noch mal ordentlich durchgearbeitet, bis wir uns gegen 22Uhr zur Brotzeit zusammensetzen. Ich erledige zunächst den Abwasch, bevor ich später noch Wassereimer durch die Gegend schleppe und dabei helfe, den Elektrozaun neu zu stecken.
Alex melkt inzwischen die Kühe, während Simon im „Milchkeller“ arbeitet – es gibt eine eigene Sennerei. Die Anderen sind größtenteils damit beschäftigt, die Kühe zusammenzutreiben bzw. entlaufene Kühe wieder einzufangen.
Jeder kennt genau seine Aufgaben und alle wirken wie ein sehr gut eingespieltes Team.
Und ich bewundere deren Tüchtigkeit, mit der sie jeden Tag das harte Programm durchziehen, von sehr früh bis sehr spät. Und trotz dessen (bzw. gerade deswegen?) wirken sie glücklich.
Bei einer Brotzeit mit Honig und Milch wird der nächste Tag besprochen, der nicht weniger geschäftig klingt.
Ich werde dann schon weiterziehen Richtung Welsberg und das Almtreiben leider wieder verlassen.
Ich bin jedoch sehr froh, dass mich mein Weg hier hergeführt hat und ich diese netten Menschen kennenlernen durfte.
Die schönsten Erlebnisse sind mir auf meiner Reise bisher passiert, wenn ich spontan war bzw. vom vorgeplanten Weg abgewichen bin. Daher werde ich auch zukünftig offen und flexibel für alles sein, was auf mich zukommt.
Der Regen und das Gewitter sind später übrigens doch noch gekommen und ich war froh, ein Dach über dem Kopf zu haben!