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“Was man nicht im Kopf hat…“

Freitag, 7. Juni – Teil 1

Diese Nacht habe ich mir eine Unterkunft genommen, um mal wieder duschen zu können und Strom zu haben. Zudem konnte ich mal ein paar Kleidungsstücke waschen, die das schon dringend nötig hatten. Heute morgen beim Aufstehen habe ich jeden Muskel gespürt und mich gefragt, warum ich mir das alles antue. Spätestens nach dem sehr reichhaltigen Frühstück inklusive Kaffe 😍 war meine Motivation aber wieder da.
Da ich heute ausgeschlafen habe, laufe ich erst um 8 los. Für heute habe ich mir vorgenommen, nur 12 km bis nach Crni Vrh zu laufen um meine Füße etwas zu entlasten. Es kam dann aber doch anders. Meine heutige Etappe führt mich auf den Javornik-Gipfel hinauf und dann auf der anderen Seite wieder hinunter. Meine barfuß-Schuhe binde ich, wie schon die letzten tage, außen an meinen Rucksack. Zwar baumeln sie dann immer hin und her, was mich aber nicht weiter stört. Wenn ich so darüber nachdenke, bin ich echt froh, diese Schuhe mitgenommen zu haben, da sie eine willkommene Abwechslung zu den starren Wanderschuhen bieten.
Der Aufstieg zum Gipfel zieht sich, es geht gleichmäßig durch den Wald hinauf und ich sehe nichts als Bäume. Dafür ist die Aussicht vom Gipfel wunderschön und ich mache eine ausgiebige Pause. Der Abstieg ist dann auch schnell gemacht und ich habe mein Tagesziel fast erreicht. 3 km vor Crni Vrh fällt mir dann auf, dass es verdächtig ruhig an meinem Rucksack ist. Entsetzt muss ich dann feststellen, dass nur noch ein Barfußschuh baumelt, der andere muss mir wohl unterwegs verloren gegangen sein. So bleibt mir nichts anderes übrig, als umzukehren und den Schuh zu suchen. Um schneller zu sein, verstecke ich meinen Rucksack im Gebüsch und nehme nur eine Wasserflasche mit auf den Weg. So komme ich deutlich schneller voran und es ist schön, auch mal ohne Gepäck zu laufen. Ich beginne stellenweise zu joggen, während ich den Weg fluchend nach meinem Schuh absuche und versuche zu rekonstruieren, wo ich ihn verloren haben könnte. Ich hoffe inständig, dass er sich noch an der Bank auf dem Gipfel befindet, versuche mich aber innerlich schon damit abzufinden, dass es so einfach nicht sein wird.
Oben angekommen befindet sich dort tatsächlich kein Schuh, ich muss also auf der anderen Seite wieder runter und weiter suchen. Es ist frustrierend, den soeben gegangenen Weg wieder rückwärts zu gehen, es fühlt sich falsch an. Zudem macht mir das Wetter sorgen, der Himmel zieht sich geradezu und ich befürchte, dass es anfangen könnte zu regnen. Hätte ich meinen Rucksack doch mal abgedeckt. Auch an der nächsten Bank, wo ich Pause gemacht habe, ist kein Schuh in Sicht. Ich habe die Hoffnung schon fast aufgegeben und mich damit abgefunden, mit nur noch einem Schuh als Deko weiterzulaufen. In Gedanken gehe ich auch durch, ob Leguano so tolerant wäre und mir nur einen Schuh zu verkaufen würde, damit ich wieder zwei habe 🙈.
Kurz nach der nächsten Kurve erblicke ich dann in der Ferne meinen Schuh. Er liegt dort still und friedlich auf dem Waldweg, als wäre nichts gewesen – und mir fällt ein Stein vom Herzen. Ich hebe ihn hoch und lasse ihn nicht mehr los! Im Stechschritt geht es wieder den Berg hinauf und hinab bis zu meinem Rucksack-er liegt zum Glück unversehrt dort, wo ich ihn verlassen habe. Und auch das Wetter hat sich gehalten. Diese Unachtsamkeit hat mich weitere 12km und 600hm gefordert, die nicht geplant waren.
Was man nicht im Kopf hat, hat man in den Beinen. Diese Lektion habe ich mir heute hart erkämpft! Nach dieser Aktion habe ich mir einen neuen Move antrainiert: Arme nach hinten schwingen und Kontrollgriff, ob da noch zwei Schuhe hängen.
Ich sattele meinen Rucksack und setze meinen Weg fort– diesmal in Barfußschuhen.

Veröffentlicht von Alpen-Schorsch

Ich habe mir dieses Jahr den Traum einer Alpenüberquerung erfüllt. Mein Weg führte mich von Trieste nach Oberstdorf, es handelt sich um den Ostbogen der Via Alpina (roter Weg). Insgesamt war meine Tour in ca. 51 Etappen eingeteilt, mit Puffer und Pausentagen habe ich in etwa zwei Monate eingeplant. Geschlafen wurde auf Hütten, in Pensionen und sofern es das Wetter zuließ, gerne so oft wie möglich unter freiem Himmel. Für weitere Infos zur Tour könnt ihr gerne mal auf der offiziellen Website vorbeischauen: http://www.via-alpina.org/de/page/237/der-rote-weg In einem meiner ersten Beiträge findet ihr zudem eine Übersichtskarte der Alpen, in welcher der rote Weg eingezeichnet ist. Bei weiteren Fragen gerne per Mail melden: georgloesel@gmx.de

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